Ende des 17 Jahrhunderts erreicht Europa eine kaum glaubhafte Nachricht: Pater Ferreira, einer der glaubensfestesten Priester soll in Japan unter der Folter seinen Glauben verleugnet und abgeschworen haben. Drei seiner ehemaligen Schüler brechen daufhin nach Japan auf, um der Sache auf den Grund gehen, obwohl Ausländern zu dieser Zeit bereits die Einreise nach Japan verboten ist und die Verbreitung und Ausübung des christlichen Glaubens massiv unterdrückt wird.
Der Roman erzählt nach dieser tatsächlichen Begebenheit die Geschichte des Pater Rodriguez und des Pater Garpe. Die Priester stoßen nach ihrer illegalen Einreise auf Bauern, die ihren katholischen Glauben heimlich ausüben und versuchen eine Missionsarbeit aufzubauen. Doch schon bald müssen sie feststellen, dass ihre Anwesenheit die Bauern belastet und in Gefahr bringt. Japanische Beamte kontrollieren permanent die Bevölkerung, ob der verbotene Glauben im Geheimen praktiziert wird. Die Pater müssen erleben, wie Gläubige aus dem Dorf, das sie beherbergt, gefoltert und getötet werden. Sie beschließen, das Dorf zu verlassen und sich zu trennen. Pater Rodriguez wird nach einem Verrat bald selbst Inhaftiert. Während der Verhöre begegnet er Pater Ferreira, der tatsächlich abgeschworen hat.
Unter dem Eindruck der Gefangenschaft und der Folter stellen sich schon bald existenzielle Fragen: Wie kann Gott zu Folter und Tötung von Christen schweigen? Warum findet das Christentum in Japan keinen fruchtbaren Boden? Folgen die auf sich allein gestellten konvertierten Japaner nicht ohnehin einem christlichen Glauben, der nicht dem der katholischen Kirche entspricht?
Shusaku Endo provozierte mit seinem 1966 erschienenen Roman erhebliche Diskussionen und Entrüstung unter den japanischen Christen, und auch heute kann man die Erschütterung nachempfinden, denn die im Roman aufgeworfenen Fragen sind nach wie vor brisant.
Schweigen ist sicher kein Buch, dass man in einem Zug durchliest, obwohl der Roman sehr spannend ist und ein interessantes Kapitel europäisch-japanischer Geschichte beleuchtet. Die schrecklichen Geschehnisse, die geschildert werden, besonders aber die aufgeworfenen Fragen zur Rolle des Christentums in Japan führen aber leicht dazu, dass bei Lesen immer wieder die Gedanken abschweifen, um die eigene Position zu den aufgeworfenen Fragen zu reflektieren. Dies gelingt nur wenigen Büchern und deswegen kann der Roman zur Lektüre empfohlen werden.
Schweigen
Shusako Endo
遠藤周作 「沈黙」
Septime Verlag. Übersetzung von Ruth Linhart. Mit einem Vorwort von Martin Scorsese und Nachwörtern von Shusaku Endo und William Johnston. Das Buch wurde 2015 von Martin Scorsese verfilmt.
Buchkritik für den Newsletter der Deutsch-Japanischen-Gesellschaft Karlsruhe